Bericht: Chiara Ullrich
In einem wegweisenden Schritt hat der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) eine umfassende Reform des Spielsystems beschlossen, die die traditionellen Grenzen zwischen Männer- und Frauenwettbewerben niederreißt. Was diese Änderung für den Sport bedeutet.
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Eine umfassende Reform steht dem Tischtennissport bevor. Das hat der Deutsche Tischtennisbund auf seinem jährlichen Bundestag beschlossen, wie der Verband am Sonntag, den 19.11.2023, bekanntgab.
Dem Grundsatzbeschluss nach soll es schon bald einen „offenen Spielbetrieb“ geben, in dem alle Geschlechter teilnehmen dürfen. Kurzum: In der bislang männlichen Liga dürften künftig auch weibliche Teilnehmerinnen spielen. Eine gesonderte Damenliga bleibt jedoch weiterhin bestehen. Die entsprechende Änderung der Spielordnung wurde mit mehr als 75 Prozent der Delegiertenstimmen beschlossen.
Aus für Männer-Ligen: Damenbereich wird um offene Liga ergänzt
Ganz neu ist diese Reform im Tischtennissport jedoch nicht. Bis zur Verbandsliga gibt es bereits eine Art „offenen Spielbetrieb“, indem Frauen auch in den Herrenligen als Stammspielerinnen gemeldet werden dürfen. Nichtsdestotrotz sieht die derzeitig aktuelle Wettspielordnung – welche die Grundlage im deutschen Tischtennisbund bildet – bis zur untersten Spielklasse eine grundlegende Unterscheidung zwischen Damen und Herren vor.
Diese Unterscheidung soll nun jedoch aufgehoben werden. Gegenüber der Sportschau erklärt DTTB-Pressesprecherin Simone Hinze:
„Es wird einen offenen Spielbetrieb für alle geben und einen Damen-Spielbetrieb“.
Der Beschluss soll laut Bundestag alle Spielklassen und offizielle DTTB-Turniere wie Ranglisten oder Individualmeisterschaften, eingeschlossen auch den Spitzensportbereich, betreffen. Weiterhin sieht der Beschluss vor, dass Frauen sich vor der Saison oder einer Einzelveranstaltung entscheiden müssen, in welchem der beiden Bereiche sie antreten wollen. Andersrum dürfen Männer jedoch nicht bei den Damen spielen, um den Frauen-Spielbetrieb gesondert zu schützen.
Komplexe Änderung benötigt Zeit
Die Umformulierung der DTTB-Wettspielordnung dürfte jedoch wohl einiges an Zeit in Anspruch nehmen und muss zudem noch final verabschiedet werden. Aufgrund der komplexen, angestrebten Änderungen geht der DTTB davon aus, dass eine Inkraftsetzung nicht vor der Saison 2025/2026 stattfinden wird.
Den Ansatz, den der DTTB hier verfolgt, scheint modern. Nichtsdestotrotz stellt sich die Frage, inwieweit, besonders auf Ebene der TTBL, Frauen im Spielbetrieb zu finden sein werden. So spielen nämlich auch körperliche Unterschiede und weitere Faktoren eine Rolle. Beispielsweise wird das Spiel der Männer im Spitzensport als temporeicher und athletischer als das der Frauen beschrieben. Selbst seitens des DTTB ist man unsicher, wie die Leistungsfähigkeit der Geschlechter zu bewerten ist.
Selbstbestimmungsgesetz zum Anlass
Wie DTTB-Präsident Andreas Hain gegenüber dem Deutschlandfunk erklärt, nimmt der Beschluss auch insbesondere Bezug auf das Selbstbestimmungsgesetz, welches im November 2024 in Kraft treten soll. Gerade non-binären oder intergeschlechtlichen Personen soll die Teilnahme am Sport durch eine offene Spielklasse erleichtert werden:
„Bei uns kann jeder mitmachen und soll jeder mitmachen. Und das haben wir so gewährleistet“, so Hain.
Wie die Regelung künftig bei Transfrauen – dementsprechend Frauen, deren Geschlechtseintrag bei Geburt männlich war – greifen soll, müsse noch überprüft werden. „Das ist eine Frage, die wir beantworten müssen. Das neue Präsidium trifft sich demnächst allerdings das erste Mal, wir stehen ganz am Anfang“, so der DTTB.